




Fotos: Asja Schubert
Die Sehnsuchtsindustrie hat nach wie vor Konjunktur: nicht nur die Produktpaletten der Pop-Up-Stores, die Lifestyle Blogs, sondern gerade auch die Versprechungen der neoliberalen Arbeitswelt offerieren einer globalen Elite die persönliche Wunscherfüllung in standardisierten und von Arbeit geprägten Lebensentwürfen. Konzipiert als „Karrieren“, die über lange Strecken des Erwachsenen-Lebens individuelle Freiheit, Selbstverwirklichung und gleichzeitige Teilhabe am globalen Waren- und Informationsfluss suggerieren, erwartet nur denjenigen der Bonus eines erfüllten Lebens, der sich selbst erfolgreich auf dem Markt durchsetzt. Dass in dieser Sehnsuchtsmaschinerie ihre eigene Krisenhaftigkeit tief verwurzelt ist, wird unter anderem durch heranwachsende Sozialpathologien sichtbar, in denen die Bedürfnisse einzelner Subjekte mit den Anforderungen des Marktes nicht länger kompatibel sind und sich ein Zwiespalt eröffnet zwischen kalkulierten Sehnsüchten und dem individuellen Unvermögen, systematisch ein erfülltes Leben zu leben.
Katrin Bertram führt uns hinein in ein Dickicht aus Pathologien solcher Sehnsuchtsprojektionen. Häufig wie Left-Overs fiktiver Existenzen erscheinend, entwickelt sich aus präziser Alltagsbeobachtung eine poetische Metaphorik: denn nicht als Narrativ sondern eher atmosphärisch arbeiten die subtilen Verschiebungen an einem spezifischen Unbehagen im Betrachter. Obwohl oder gerade weil die Künstlerin selbst aus dieser Welt kommt – in London hat sie Wirtschaftswissenschaften studiert, danach in Zürich und München als Change- und Prozessmanagerin gearbeitet, bevor sie ihr Kunststudium begann – spricht Ambivalenz aus ihren Soundarbeiten, Objekten und Installationen.
Text: Sarah Lehnerer

Performance @ Nir Altman Galerie